Zeichnungen

Zeichnen ist eine "Lebensäußerung". Wo ich gerade bin, im Atelier, unterwegs, auf Reisen, zeichne ich.

Anfang der 80er Jahre begann ich mit der Nähmaschine zu zeichnen. Das Nähen ist eine vertraute Tätigkeit aus dem persönlichen Lebensumfeld. Die Nähmaschine ist zwischen mir und dem Papier, der Unterlage. Sie ist mein Werkzeug und ich führe sie, aber im Gegensatz zum Stift in der Hand, erstellt die Maschine die Nähnaht. Das führt zu einer gewissen Distanz, Abstraktion – letztendlich entstehen überraschende Ergebnisse. Die Widerspenstigkeit des Bildträgers, verschieden dicke Fäden, die Spannung des Ober- und Unterfaden, der Schlaufen bilden kann, das Papier reißen lassen. Nicht abgeschnittene Fäden ragen über die Zeichnung hinaus. Das verleiht den Nähzeichnungen ihren objekthaften Charakter. Die Nähmaschine gibt die Größe der Zeichnungen vor.

Um aber diese Fertigkeit des Zeichnens mit der Nähmaschine zu erlangen, zeichne ich auch mit all den anderen gebräuchlichen Möglichkeiten von Bleistift bis Pastellkreide, von Ölkreide bis Tempera.

So entstehen auch malerische Zeichnungen insbesondere Kopfansichten aller Art – die sowohl mir bekannte Personen porträtieren, insbesondere Künstlerinnen, die mir begegneten, als auch der menschliche Kopf schlechthin.

Mein alltägliches Material in meiner andauernden Wiederverwendung schließt auch Kaffee-Inlet ein - Lebensmittelfolie für Kaffeeverpackungen. Die gold- oder silberschimmernde Ausgangsbasis bildet einen nahezu delikaten Hintergrund für meine Kopfansichten, die ich Ikonen nenne. Das Thema Kopf, Schädel, Gesicht, das Antlitz, das Porträt beschäftigt mich seit meinen Anfängen als immerwährendes Menschheitsthema. Diese malerischen Assoziationen an menschliche Gesichtszüge zeichne ich mit dem Pinsel oder ritze sie mit einer feinen Stricknadel auf den Untergrund. Immer entstehen sie mit historischer Ölfarbe, die schon meine Tante Käthe, die Malerin Käthe Schmitz-Imhoff, 1893-1984, verwendete.

Carola Willbrand April 2022